EuGH: Sensationsurteil zum Widerruf von Autofinanzierungen (Baum Reiter & Collegen)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Widerrufsrechte von Millionen Kreditnehmern verbessert, schreibt die Anwaltskanzlei baum reiter & collegen, Düsseldorf. Enthält ein Autokreditvertrag fehlerhafte oder unvollständige Angaben, kann er noch Jahre nach dem Vertragsschluss widerrufen werden. Das Urteil des EuGH betrifft laut baum reiter & collegen nahezu alle Kreditverträge sämtlicher Autobanken. Somit werde Millionen Verbrauchern die Tür für einen erfolgreichen Widerruf geöffnet. Die Verbraucher könnten ihre Autofinanzierung beenden und sparen viele Tausend Euro, indem sie bereits gezahlte Raten einschließlich Anzahlung zurückerhalten.

Urteil zu Autokrediten der Volkswagen Bank, der Skoda Bank und der BMW Bank

Das Landgericht Ravensburg legte dem EuGH im Jahr 2020 mehrere Fälle zur Entscheidung vor, bei denen es um fehlerhafte gesetzliche Pflichtangaben in Autokrediten der Volkswagen Bank, der Skoda Bank und der BMW Bank ging, Az. C-33/20, C-155/20 und C-187/20. Der Europäische Gerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob die von den Autobanken in ihren Kreditverträgen formulierten Angaben ausreichend sind, um den Verbraucher gemäß den europarechtlichen Anforderungen an einen effektiven Verbraucherschutz in genügendem Ausmaß zu informieren.

In Deutschland kam es in der Vergangenheit vor Gericht immer wieder zu Streit darüber, welche sogenannten Pflichtangaben zwingend in den Kreditvertrag aufgenommen werden müssen und wie diese korrekt erteilt werden. Mit seiner Entscheidung vom 09.09.2021 korrigiert der EuGH die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) in mehreren Punkten. Das Urteil führt zu einer wesentlichen Änderung beim Widerrufsrecht privater Darlehensverträge und hat vor allem für Autokredite ganz erhebliche praktische Auswirkungen zu Gunsten der Verbraucher:

EuGH korrigiert deutsche Rechtsprechung

Nunmehr kann nahezu jeder Kredit sämtlicher Autobanken zeitlich unbegrenzt widerrufen werden. Für den einzelnen Verbraucher bedeutet das einen finanziellen Vorteil von regelmäßig mehreren Tausend Euro.

So stellt der EuGH entgegen der bisherigen Rechtsprechungspraxis des BGH klar, dass der Verzugszins im Kreditvertrag in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben ist und der Mechanismus von dessen Anpassung nachvollziehbar sein muss. Dabei soll die Darstellung der Berechnungsmethode für den Verbraucher leicht verständlich sein, und die Häufigkeit der Änderung des entsprechenden Basiszinssatzes muss im Kreditvertrag explizit genannt werden. Des Weiteren stellt der EuGH fest, dass die Bank den Verbraucher im Kreditvertrag selbst über alle außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren informieren muss und zusätzlich Hinweise auf die Verfahrenskosten zu erteilen sind. Außerdem ist im Kreditvertrag die Methode für die Berechnung der bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredits fälligen Entschädigung exakt darzustellen, sodass der Verbraucher die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung allein anhand der vertraglichen Informationen berechnen kann.

Zudem verhält sich ein Verbraucher laut EuGH nicht rechtsmissbräuchlich, sobald er sein Recht zum Widerruf ausübt, wenn die Bank ihn im Kreditvertrag selbst nicht ausreichend über die gesetzlichen Pflichtangaben informiert hat.

„Jetzt schnell aktiv werden“, so Kanzleigründer Prof. Dr. Julius Reiter

Mit seiner aufsehenerregenden Entscheidung hat der EuGH ein weiteres Mal die Rechte der Verbraucher gestärkt. Das heutige Urteil hat Auswirkungen auf Millionen Kreditverträge nahezu sämtlicher Autobanken und darüber hinaus auch auf fast alle sonstigen Verbraucherkreditverträge.

Da mehr als jedes dritte Fahrzeug in Deutschland durch einen Kredit finanziert ist, wird sich die Bankenwirtschaft in den kommenden Monaten auf eine große Klagewelle vorbereiten müssen. „Seit dem heutigen Tag sind die Aussichten der Verbraucher, vor Gericht erfolgreich zu sein, so vielversprechend wie nie zuvor. Deshalb sollten alle Käufer, die ihr Auto kreditfinanziert haben, jetzt schnell aktiv werden“, erklärt Kanzleigründer Prof. Dr. Julius Reiter.

Quelle: PM Anwaltskanzlei baum reiter & collegen